Schulterblatt: Zwischen Walfang und Widerstand
Shownotes
Aber bevor du dich in die Cafés und Boutiquen stürzt: Lass uns kurz die Zeit zurückdrehen. Denn was heute nach Szene, Streetart und Spätis aussieht, war früher mal die ganz offizielle Grenze – zwischen Hamburg und Altona.
Genauer gesagt: bis 1938 war das hier die Trennlinie zwischen der freien Stadt Hamburg im Osten und dem preußischen Altona im Westen. Und nein, das ist kein Stadtteil-Grenz-Witz – das war eine echte Zollgrenze. Wenn du also damals ein paar Meter weiter gegangen bist, konntest du theoretisch zollpflichtig werden. Noch heute findest du am östlichen Gehweg des Schulterblatts – bei den Hausnummern 86, 88, 90 – alte Grenzsteine. Da steht „A|H“ drauf, für Altona und Hamburg. Augen auf beim Flanieren!
Jetzt fragst du dich vielleicht: Warum heißt diese Straße eigentlich Schulterblatt? Klingt ja irgendwie… anatomisch. Die Antwort ist tatsächlich ziemlich einzigartig: Anfang des 18. Jahrhunderts bekam Hamburg das Privileg zum Walfang – ja, richtig gehört, Wale. Ein findiger Kneipenwirt, immer auf der Suche nach auffälliger Werbung, ließ sich ein echtes Schulterblatt eines Wales mitbringen. Er pinselte es bunt an und hängte es über seine Kneipe als Aushängeschild. Und zack – der Name blieb. Heute liegt das echte Walschulterblatt übrigens gut verwahrt im Museum für Hamburgische Geschichte.
Spulen wir ein paar Jahrhunderte vor: In den letzten Jahrzehnten hat sich das Schulterblatt gewaltig verändert. Aus dem ehemals eher unauffälligen Straßenzug wurde das pulsierende Zentrum der links-alternativen Szene Hamburgs. Spätestens seit den 1990ern ist die Straße ein Synonym für Protestkultur, Gentrifizierungskritik, Nachtleben und kreatives Chaos. Und mittendrin: ein ikonisches Gebäude, das einfach nicht fehlen darf – die Rote Flora.
Aber bevor wir da abbiegen: Noch ein Blick auf die Straße selbst. Hier reihen sich Cafés, Bars, Imbisse, Vintage-Shops und kleine Läden aneinander. Es riecht nach Falafel, Pizza, Espresso – und manchmal auch nach ein bisschen Revolte. Am Wochenende ist hier richtig was los, aber auch unter der Woche flaniert man gemütlich mit einem Kaffee in der Hand und entdeckt immer wieder Neues.
Jetzt siehst du sie vielleicht schon: die Rote Flora. Ein altes Theater, heute ein Symbol für Widerstand und alternative Lebensformen – aber zur Flora gibt’s so viel zu sagen, dass wir ihr einen eigenen Audio-Guide gewidmet haben. Wenn du mehr über Besetzungen, politische Bewegungen und kulturelle Veranstaltungen erfahren willst – hör da unbedingt rein.
Fürs Erste aber: Genieß das Schulterblatt, schau nach oben (hier gibt’s tolle Hausfassaden), nach unten (vielleicht entdeckst du einen alten Grenzstein), und am besten – bleib einfach ein bisschen hier.
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