Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Prunkvolles Theaterjuwel und Bühne der Legenden

Shownotes

Die Geschichte beginnt 1899: Hamburger Bürgerinnen und Bürger gründeten eine Aktiengesellschaft, um ein eigenes großes Schauspielhaus zu finanzieren. Ganze 84 Aktionäre beteiligten sich, viele davon Kaufleute und Unternehmer. Ihr Ziel: Ein Haus für das klassische deutsche Drama, aber auch für zeitgenössische Stücke.

Schon ein Jahr später, 1900, stand der Bau – entworfen vom Wiener Architekturbüro Fellner & Helmer, das in ganz Europa über 200 Theater gebaut hat. Am 15. September 1900 wurde das Haus feierlich eröffnet, und zwar mit Goethes „Iphigenie auf Tauris“.

Die Eröffnungsvorstellung besuchten 1.831 Menschen – so viele Plätze hatte der Saal damals. Heute sind es etwas weniger, rund 1.200, aber die Atmosphäre ist immer noch einzigartig.

Schau dir die Fassade zur Kirchenallee an: Neun Achsen breit, mit einem zentralen Risalit, Kuppel und vielen Figuren – im Stil des Neobarock. Überall finden sich reich verzierte Büsten von großen Dichtern wie Goethe, Schiller oder Shakespeare.

Innen dann der Wow-Moment: Der Zuschauerraum mit seinen Logen, üppigem Stuck, Rocaillen und vergoldeten Ornamenten. Alles wirkt ein bisschen wie aus Wien importiert – kein Zufall, denn die Architekten orientierten sich am Wiener Volkstheater.

Der Saal ist so steil angelegt, dass selbst von den hinteren Plätzen die Sicht erstaunlich gut ist – das war damals sehr modern gedacht.

Das Schauspielhaus wurde mehrfach restauriert: In den 1980ern rekonstruierte man die ursprüngliche Farbgestaltung, 2012/13 erneuerte man die Bühnentechnik und sanierte den Zuschauerraum denkmalgerecht. 2018 folgten statische Verbesserungen an den Rängen.

Über die Jahrzehnte hat das Haus viele Epochen erlebt. Während der NS-Zeit wurde es verstaatlicht, jüdische Ensemblemitglieder mussten gehen, und das Repertoire wurde kontrolliert. Im Krieg beschädigt, aber nicht zerstört, diente es nach 1945 kurz den britischen Besatzern.

In den 1950er Jahren erlebte das Schauspielhaus dann seine vielleicht berühmteste Phase – unter Intendant Gustaf Gründgens.

Die legendäre „Hamburger Faust“-Inszenierung von 1957/58 machte Theatergeschichte. Mit Will Quadflieg als Faust und Gründgens selbst als Mephisto reiste diese Produktion später sogar nach Moskau und New York – und wurde für Film und Fernsehen aufgezeichnet.

Bei einer Aufführung verwechselte der junge Uwe Friedrichsen als „Schüler“ seine Textreihenfolge. Gründgens reagierte blitzschnell mit einer improvisierten Goethe-Variante – das Publikum tobte vor Lachen. Heute gilt das als einer der legendärsten Theater-Versprecher Deutschlands.

Später setzte das Schauspielhaus auch auf moderne Dramatik und aktuelle Stoffe. Heute mischt das Programm Klassisches mit Zeitgenössischem, große Namen mit experimentellen Formen.

Heute wird das Schauspielhaus von der Neue Schauspielhaus GmbH betrieben. Mit rund 1.200 Plätzen bleibt es das größte reine Sprechtheater Deutschlands. Die Bandbreite reicht von Goethe und Schiller bis hin zu aktuellen Autorinnen und gesellschaftlich brisanten Themen – mal groß inszeniert, mal minimalistisch, aber fast immer spektakulär.

Und was viele Besucher überrascht: Obwohl das Haus so prachtvoll und geschichtsträchtig wirkt, ist es technisch auf dem neuesten Stand. Die letzte große Sanierung hat dafür gesorgt, dass Bühnentechnik, Akustik und Zuschauerkomfort modernen Ansprüchen entsprechen.

Das Deutsche Schauspielhaus ist weit mehr als nur ein Theater – es ist ein Monument bürgerlichen Engagements, ein Schatz der neobarocken Architektur und eine Bühne für einige der größten Theatermomente des 20. Jahrhunderts.

Wenn du also das nächste Mal in St. Georg am Hauptbahnhof entlanggehst: Lass dich vom prachtvollen Portal an der Kirchenallee in eine andere Welt einladen. Denn hier wird Hamburgs Theatergeschichte lebendig – Abend für Abend.

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