Ottensen: Die Spuren der Piependreiher
Shownotes
Vom S-Bahnhof Altona aus begeben wir uns auf eine Zeitreise ins Ottensen des späten 19. Jahrhunderts, wo im dichten Hinterhof-Geflecht die legendären „Piependreiher“ Zigarren drehten. Dank des Zollfreihafens Altona floss der Tabak hier zollfrei direkt vom Hafen in die kleinen Manufakturen und Heimwerkstätten – oft lediglich ein Zimmer in schlichten Gründerzeit-Mietshäusern mit roten Backsteinfassaden und bogenförmigen Hofdurchfahrten. Unter schwachem Tageslicht formten Männer und Frauen an langen Holztischen mithilfe feuchter Tabakblätter, hölzerner Presswalzen und einfacher Drehbänke bis zu 1.200 Zigarren am Tag – für gerade einmal 1 bis 3 Pfennig Lohn pro Stück, bei Verkaufspreisen von rund 15 Pfennig im Großhandel.
Doch die Piependreiher waren nicht nur Handwerker: Ihr rhythmisches Pfeifen diente als geheimer Code für Streikversammlungen und Warnungen vor Polizeipatrouillen. Bereits Ende der 1870er Jahre organisierten sie erste Streiks für den Acht-Stunden-Tag, Mindestlohn und ein Ende der Kinderarbeit. In manchen Werkstätten sorgten „Vorleser“ auf kleinen Podesten für politische Flugschriften und inspirierende Berichte aus Arbeiterkongressen.
Unser Guide führt dich zu den Schlüsselpunkten: von den Dreherstuben an der Ottenser Hauptstraße (Hausnr. 30–60) über die engen Werkstattflügel in der Barner- und Kirchenstraße bis zu den versteckten Hinterhöfen in der Nelken- und Emilienstraße. Ein Abstecher in die Marktstraße zeigt, wie die fertigen Zigarren ihren Weg in die Markthalle Ottensen fanden. Am Platz der Republik erinnert eine Gedenktafel an die kämpferische Arbeitertradition, während das Altonaer Museum mit seiner Sonderausstellung „Tabak und Protest“ letzte Originalstimmen lebendig werden lässt. Tauche ein in Duft, Dampf und aufrührerische Arbeiterlust – die Piependreiher erwarten dich!
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